Ziele des Zweitmeinungsverfahrens
Erstens soll Patienten ein rechtlicher Anspruch auf eine unabhängige Zweitmeinung zu den spezifischen geplanten Operationen im Rahmen der Richtlinie gewährt werden.
Zweitens sollen Patienten über ihr Recht informiert werden, eine unabhängige medizinische Meinung einzuholen, damit sie informierte Entscheidungen darüber treffen können, ob sie sich für die empfohlene Operation entscheiden oder alternative Behandlungsoptionen in Betracht ziehen möchten.
Drittens soll vermieden werden, dass unnötige medizinische Verfahren und Diagnosen im Zusammenhang mit geplanten Operationen durchgeführt werden.
Viertens sollen klare Standards festgelegt werden, um sicherzustellen, dass hochwertige Zweitmeinungen bereitgestellt werden.
Aufgaben der indikationsstellenden Ärzte
Informationen über Zweitmeinungsgebende Ärzte
a. | Arztname und Kontaktdaten |
b. | Fachgebietsbezeichnung |
c. | das betreffende Zweitmeinungsthema oder die Themen. |
Folgende planbare Eingriffe haben einen Rechtsanspruch für eine Zweitmeinung:
Eingriff | Beschreibung | Gegenstand Zweitmeinungsverfahren | Berechtigte Fachgruppen | zusätzl. Voraussetzungen | GOP |
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Mandeloperation (Tonsillektomie, Tonsillotomie) | Der Eingriff an den Gaumen- oder Rachenmandeln (Tonsillektomie, auch mit zusätzlicher Adenotomie) umfasst entweder eine vollständige Resektion („Tonsillektomie“) oder eine Teilentfernung („Tonsillotomie“) | Die Indikationsstellung zur Tonsillektomie/Tonsillotomie bei allen nicht malignen Erkrankungen der Tonsillen. | Fachärzte für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. - Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin können in den Prozess der Zweitmeinungserbringung miteinbezogen werden. | 01645A | |
Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien) | Der Eingriff umfasst Uterusexstirpationen, die als totale oder subtotale Hysterektomie durchgeführt werden. | Die Indikationsstellung der Hysterektomie bei allen nicht malignen Erkrankungen des Uterus. | Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe | 01645B | |
Schulterarthroskopie | Dies umfasst arthroskopische Eingriffe am Schultergelenk, sofern sie planbar sind und es sich nicht um notfallmäßige Eingriffe handelt, die zeitnah erfolgen müssen. | Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin (oder Ärzte mit den Bezeichnungen „Orthopädie“ oder „Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie“ nach älterem Weiterbildungsrecht) | 01645C | ||
Amputation bei diabetischem Fußsyndrom (DFS) | Der Eingriff umfasst Amputationen an den unteren Extremitäten in Form von Minor- und Major-Amputationen (Amputationen). | Die Indikationsstellung zu einer Amputation beim Vorliegen eines diabetischen Fußsyndroms bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus (ICD E10 bis E14 als Haupt- oder Nebendiagnose). | "Innere Medizin und Angiologie Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie Innere Medizin mit Zusatzbezeichnung Diabetologie Allgemeinmedizin mit Zusatzbezeichnung Diabetologie Gefäßchirurgie Orthopädie und Unfallchirurgie oder Orthopädie oder Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie Allgemeinchirurgie Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie" | "Die genannten Fachärztinnen oder Fachärzte müssen: - für die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms besonders qualifiziert sein und mit einem oder mehreren Fachärztinnen oder Fachärzten der anderen genannten Fachrichtungen so zusammenarbeiten, dass deren Expertise bei Abgabe der Zweitmeinung bei Bedarf genutzt werden kann." | 01645D |
Implantation einer Knieendoprothese | planbare Eingriffe bei einer fortgeschrittenen degenerativen Erkrankung des Kniegelenks, insbesondere bei einer Arthrose. Wenn einer Patientin oder einem Patienten die Implantation einer Total- oder Teilendoprothese des Kniegelenks empfohlen wird, kann sie oder er sich bei einem qualifizierten Zweitmeiner zur Notwendigkeit des Eingriffs oder zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten, wie beispielsweise Physiotherapie oder medikamentöser Therapie, beraten lassen. Der Anspruch besteht auch bei der Empfehlung von Revisionsoperationen, also Folge-, Wechsel- oder Korrektureingriffen an der Knieendoprothese. Notfallmäßige Eingriffe sind von der Zweitmeinung ausgenommen. | Orthopädie und Unfallchirurgie Orthopädie Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie Physikalische und Rehabilitative Medizin | Nach enstprechendem Erhalt der Gehnemigung durch die KV | 01645E | |
Eingriffe an der Wirbelsäule | Der G-BA hat diese Eingriffe als relevant für die Zweitmeinung definiert, da es eine Vielzahl möglicher Operationen an der Wirbelsäule gibt. Auf eine Eingrenzung einzelner Abschnitte der Wirbelsäule wurde bewusst verzichtet, da die festgelegten Eingriffe zum Teil in mehreren oder allen Abschnitten der Wirbelsäule zur Anwendung kommen können. | "Als Eingriffe des neuen Zweitmeinungsverfahrens, dessen Gegenstand die Indikationsstellung ist, wurden folgende Operationen festgelegt: - Osteosynthesen (dynamische Stabilisierungen) an der Wirbelsäule - Spondylodesen - knöcherne Dekompressionen Eingriffe aufgrund akuter traumatischer Ereignisse oder akut auftretender neurologischer Komplikationen sind nicht Gegenstand des Zweitmeinungsverfahrens, um notwendige akute Therapien nicht zu verzögern. Das gilt ebenfalls für Eingriffe an der Wirbelsäule aufgrund von Tumorerkrankungen." | "Orthopädie und Unfallchirurgie Orthopädie Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie Neurochirurgie Physikalische und Rehabilitative Medizin Neurologie Allgemeinmedizin, Innere Medizin oder Anästhesiologie, jeweils mit der Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“" | Nach enstprechendem Erhalt der Gehnemigung durch die KV | 01645F |
Kathetergestützte elektrophysiologische Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen | Der G-BA hat kathetergestützte elektrophysiologische Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen unabhängig von der jeweiligen Grunderkrankung als Eingriffe definiert, die das Recht der Versicherten auf eine Zweitmeinungsberatung auslösen. Nicht umfasst sind Notfalleingriffe und dringliche Eingriffe. | Die Zweitmeinung umfasst die Durchsicht vorliegender Befunde des behandelnden Arztes und ein Anamnesegespräch. Hinzu kommen ärztliche Untersuchungen, sofern sie zur Befunderhebung und Überprüfung der Indikationsstellung zwingend erforderlich sind. | Innere Medizin und Kardiologie, Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie, Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinderkardiologie oder Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendkardiologie. | Nach enstprechendem Erhalt der Gehnemigung durch die KV | 01645G |
Eingriffe zur Cholezystektomie | Der G-BA hat festgelegt, dass eine geplante Entfernung der Gallenblase künftig das Recht des Patienten auf eine Zweitmeinungsberatung auslöst. Nicht umfasst sind Eingriffe aufgrund eines akuten Abdomens, einer Tumorerkrankung der Gallenblase oder einer abdominellen Tumoroperation. | Die Zweitmeinung umfasst die Durchsicht vorliegender Befunde des behandelnden Arztes und ein Anamnesegespräch. Hinzu kommen ärztliche Untersuchungen, sofern sie zur Befunderhebung und Überprüfung der Indikationsstellung zwingend erforderlich sind. | Innere Medizin und Gastroenterologie, Allgemeinchirurgie, Viszeralchirurgie, Kinder- und Jugendchirurgie oder Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie. | Nach enstprechendem Erhalt der Gehnemigung durch die KV | Nach enstprechendem Erhalt der Gehnemigung durch die KV |
Berechnung und Dokumentation der im Zweitmeinungsverfahren durchgeführten und abgerechneten Leistungen
88 200A | Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Mandeloperation |
88 200B | Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Gebärmutterentfernung |
88 200C | Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Schulterarthroskopie |
88 200D | Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Amputation bei Diabetischem Fußsyndrom (DFS) |
88 200E | Zweitmeinungsverfahren vor Implantation einer Knieendoprothese |
88 200F | Zweitmeinungsverfahren vor Eingriffen an der Wirbelsäule |
88 200G | Zweitmeinungsverfahren vor kathetergestützten elektrophysiologischen Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen |
88 200I | Zweitmeinungsverfahren vor Eingriffen zur Cholezystektomie |
Mögliche Vereinfachung
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nur für das Zweitmeinungsverfahren ermächtigt wurde oder
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im Quartal bei einem Patienten ausschließlich Leistungen im Zweitmeinungsverfahren durchführt und diese abrechnet oder
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die Kassenärztliche Vereinigung auf anderem Wege die fehlerfreie Identifikation der Zweitmeinungsleistungen garantieren kann,
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In diesen Fällen kann der Arzt auch den Schein/Fall mit folgenden Pseudo-Gebührenordnungspositionen kennzeichnen:
88 200A
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Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Mandeloperation
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88 200B
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Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Gebärmutterentfernung
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88 200C
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Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Schulterarthroskopie
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88 200D
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Zweitmeinungsverfahren bei einer bevorstehenden Amputation bei Diabetischem Fußsyndrom (DFS)
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88 200E
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Zweitmeinungsverfahren vor Implantation einer Knieendoprothese
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88 200F
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Zweitmeinungsverfahren vor Eingriffen an der Wirbelsäule
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88 200G
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Zweitmeinungsverfahren vor kathetergestützten elektrophysiologischen Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen
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88 200I
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Zweitmeinungsverfahren vor Eingriffen zur Cholezystektomie
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Aktuelle Neuerung
Bisher konnte diese Ziffer nur einmal im Krankheitsfall abgerechnet werden. Seit 1.7.2023 geht das bei paarigen Organen oder Körperteilen je Seite. Der ICD-10 Code der jeweiligen Indikation ist mit der Körperseite zusätzlich zu kennzeichnen.
Martin Werner-Böhm
Der Autor ist seit über 20 Jahren in der Beratung von Mediziner:innen tätig. Spezialgebiet ist die Optimierung von EBM Abrechnungen. Daneben ist er zertifizierter Sachverständiger für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen und verfügt über ein breites Spektrum an Erfahrung und Wissen rund um Praxen und Mediziner:innen. Durch die eigene Hausarztpraxis seiner Frau ergeben sich immer aktuelle Einblicke in den Praxisalltag.